... wenn du die Dinge nach deinem eigenen Willen tun willst.
Hatten Frauen eine Renaissance? Die italienische Renaissance war eine Ära der großen Künstler: Michelangelo, Leonardo, Raphael – klingende Namen - Männernamen. Künstlerinnen, wie Lavinia Fontana, sind weniger bekannt. Wie steht es nun mit den Mäzenen? Auch sie waren vorwiegend Männer, doch es gab auch einige wenige Mäzeninnen.
Frauen, auch reiche Frauen, hatten eingeschränkte Rechte, nur wenige konnten über ihr Vermögen verfügen und Kunst in Auftrag geben. Von der Wiege bis zur Bahre unterstanden die meisten ihren Vätern, Ehemännern, männlichen Verwandten oder Vormunden. Den Grund nannte Francesco Barbaro 1416 in seinem Handbuch über die Ehe: Frauen sind schwach, sie können höchstens den Haushalt führen und ihren Ehemännern gehorchen, denn die können schließlich rational handeln. Für die wenigen Mäzeninnen gab es zusätzliche Einschränkungen. Erlaubt waren vorwiegend Kunstwerke für private oder religiöse Zwecke. Prestigeträchtiges, wie freistehende Statuen, Paläste oder Kirchen waren Männern vorbehalten, ebenso Materialen wie Bronze, sinnliche Darstellungen oder angesehene Künstler. Natürlich gab es Ausnahmen: Raphael, zum Beispiel, arbeitete für mehrere Frauen der Oberschicht. Manche Frauen schlossen sich zu säkularen Schwesternschaften zusammen, wie die Compagnia della Nostra Donna in Perugia, zur Verehrung der Heiligen Maria. Sie konnten mit Erlaubnis ihrer Männer Kunstwerke in Auftrag geben. Das Altarbild Sankt Anna und Sankt Leonhard mit der Schutzmantelmadonna ist ein solches Werk. Seine Geschichte zeigt wie Mäzenatentum ablief: Es wurden Verträge zwischen den Auftraggebern, Künstlern und Beratern geschlossen, auch das Material, die Technik, Figuren, Szenen und Kosten wurden genau festgelegt.
Unser kleines Altarbild wurde 1510 von Mariano di Ser Austrério für die Kapelle der Compagnia gemalt. Im Vertrag wird zuerst der Bischof genannt, der die Compagnia beaufsichtigte, dann der Künstler und gestalterische Details. Weiters wurde Ratenzahlung vereinbart, da die Frauen nicht sehr wohlhabend waren. Sie sind übrigens unter dem Schutzmantel zu sehen, die weißen Schleier kennzeichnen verheiratete Frauen, die schwarzen Witwen. All das war zur damaligen Zeit üblich, doch gibt es auch ungewöhnliche Details. Abweichend vom Vertrag, wurde statt des Heiligen Antonius die Heilige Anna abgebildet. Anna und Leonhard waren die Patrone der schwangeren und gebärenden Frauen. Zusätzlich steht die Heilige Anna rechts der Madonna, ein Ehrenplatz, der eigentlich männlichen Figuren vorbehalten war. So fanden die Frauen trotz aller Einschränkungen Wege, ihre Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen. Die Renaissance war nicht das goldene Zeitalter der Frauen - Nannina de Medici drückte das in einem Brief so aus: Werde nicht als Frau geboren, wenn du die Dinge nach deinem eigenen Willen tun willst.
Quelle: King, C. (2013) ‘Did women patrons have a Renaissance? Italy 1420-1520’. In: Woods K.E. Art & Visual Culture 1100-1600. London: Tate, pp. 254-282.
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